STOPP POSEREI
Als die Frage aufkam, ob der Ansatz der Rennleitung#110 auch auf 4 Rädern funktionieren würde, war die Antwort klar – „Wieso nicht?!“
Wie die meisten Motorradfahrer, sehen auch Autoenthusiasten in ihrem Fahrzeug mehr als nur die Möglichkeit von A nach B zu kommen. Viele verwirklichen sich mit und durch ihr Fahrzeug, dabei gilt es jedoch drei Fahrertypen zu unterscheiden, die immer wieder in der öffentlichen Diskussion in einem Atemzug genannt werden.
Tuner machen sicherlich den größten Teil der öffentlichen Wahrnehmung aus. In ihren auffälligen Fahrzeugen steckt in der Regel viel Zeit, Geld und Liebe um aus einem Auto „sein Auto“ zu machen. Da technische Modifikationen regelmäßig auch an rechtliche Grenzen stoßen und deren Überwachung zur Aufgabe der Polizei gehört, kommt es hierbei naturgemäß zu Begegnungen. Doch auch wenn es hierbei manches zu beanstanden gibt, sind Unfälle in Folge technischer Modifikationen doch eher von Seltenheitswert.
Die meisten Tuner identifizieren sich mit ihrem Fahrzeug und es ist ihnen viel zu schade, um es bei leichtsinnigen Fahrmanövern zu riskieren. Natürlich zeigt man gerne was man hat und präsentiert sich nicht nur auf Messen und Szenetreffen, womit Schnittmengen zum „Posing“ gegeben sind. Doch: Wer langsam fährt, wird länger gesehen!
Poser inszenieren sich durch ihr Fahrzeug. Oft sind es Fahrzeuge „von der Stange“, Sportlinien ab Werk, „so gekauft“ oder gar geleast. Poser-Fahrzeuge sind Mittel zum Zweck und treten hinter ihrem Nutzer zurück. Dieser wiederum muss auffallen um jeden Preis und schreit förmlich nach Aufmerksamkeit; catless downpipes und künstlich-erzeugte Fehlzündungen von semi-begabten Hobbyprogrammieren oder gar Soundgeneratoren, wem der Diesel peinlich ist. Nur selten findet sich dabei echtes Tuning.
Für Poser sind M, RS, und AMG an Stelle von Shisha-Bar und Fitnessclub getreten. Was dem Motorradposer Knieschleifen und Wheeliefahren, macht der Drifter auf vier Rädern. Schubknallen und Reifenquietschen sind das Brunftgeschrei der Generation ADHS.
Soziale Netzwerke sind die Showbühne der Profilierungssüchtigen.
Raser klassifiziert der Kontrollverlust. Raserei bedeutet die Beherrschung zu verlieren. Im Hinblick auf den Straßenverkehr äußert sich das im Regelfall als „nicht angepasste“ Geschwindigkeit und damit als Unfallursache Nummer 1. Wer sich am Limit bewegt, überschreitet schnell eine Grenze.
Raser-Unfälle bestimmen die Schlagzeilen und zerstören Leben. Es ist leider kein Einzelfall, wenn aus Rasern Mörder werden.
Während Tuner sich nicht zu Unrecht stolz zu ihrer Gemeinschaft bekennen, sind selbst Poser sich nicht zu schade, sich diesen Namen zu eigen zu machen. Nur als Raser will niemand bezeichnet werden.
Und auch wenn man die Begrifflichkeiten grundsätzlich differenziert betrachtet werden sollte, gibt es naturgemäß auch Schnittmengen. In Summe kann man sicher den Überbegriff Profilierungsfahrer verwenden.
Wie sollte man mit den jeweiligen Fahrertypen umgehen?
Legales Tuning stellt kein Problem dar. Ob Umbauten legal oder illegal sind, bedarf jedoch der Kontrolle. Da wo Probleme tatsächlich gegeben sind, sollten sich diese auch jedem Polizisten aufdrängen. Wo sie es nicht tun, sind die Probleme vielleicht nicht wirklich dringend.
Die große Aufmerksamkeit, die das Tuning in der verkehrspolizeilichen Praxis erfährt ist Im Hinblick auf Unfall- und Fallzahlen kaum gerechtfertigt. Das zeigt sich auch daran, dass die entsprechenden Maßnahmen bislang nicht zu einer nennenswerten Veränderung in der öffentlichen Wahrnehmung geführt haben.
Man zeigt zwar „die Polizei tut was“ – doch tut man auch das Richtige?!
Zu kontrollieren, was nicht geht und zu kommunizieren, wie es gehen kann, ist der richtige Ansatz.
Die Kampagne Tune it! Safe!, getragen von Akteuren der Automobilwirtschaft und gefördert vom Bundesverkehrsministerium bietet ein guten Ansatz.
Bildquelle: https://www.tune-it-safe.de/
Sportliche Fahrzeuge in Polizei-Optik funktionieren, wie auch bei Rennleitung#110, als Kommunikationsbrücke. Die von einer Werbeagentur umgesetze Kampagne krankt jedoch an Umsetzungsmängeln, mangelnder Authentizität und damit fehlender Nähe zur Zielgruppe.
Nicht nur zu ausgewählten Terminen und exklusiven Ausstellungen, sondern sich im Alltag begegnen, würde helfen, präventive Botschaften zu transportieren.
Solche Einsatzfahrzeuge, wie auch die damit verbundenen Akteure müssen real sein – nicht nur „Show&Shine“.
Posing auf ein sozial-adäquates Maß zu reduzieren und sozial-schädliches Verhalten im Straßenverkehr zu sanktionieren ist nicht allein Aufgabe der Polizei, sondern auch von Fahrerlaubnisbehörden und Bußgeldstellen – und nicht zuletzt der Szene selbst!
Wer negativ im Straßenverkehr auffällt, kann gemäß § 48 StVO zum Verkehrsunterricht vorgeladen werden und
wo Zweifel an der charakterlichen Eignung entstehen, sind diese durch eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) zu klären.
Autoenthusiasten, die ihr Hobby lieben und bewahren wollen, sollten sich klar und deutlich von profilierungssüchtigen Selbstdarstellern distanzieren.
Poserei stört nicht nur „die Anderen“, sondern zerstört auch die Akzeptanz von Szenetreffpunkten. Wer sich also in Ruhe treffen möchte, muss gegenüber denjenigen, die diese Ruhe stören, klare Kante zeigen.
Niemand muss deswegen zum Verräter werden oder den Denunzianten spielen, aber da wo ein gut gemeintes Wort nicht wirkt, müssen Konsequenzen folgen.
Die Polizei kann „Freund & Helfer“ sein. Doch die Hilfe besteht meist darin, denjenigen auf die Füße zu treten, die mit Freundlichkeit alleine nicht zu erreichen sind.
Raserei hat auf offentlichen Straßen nichts verloren.
Nicht ohne Grund hat der Gesetzgeber den § 315d ins Strafgesetzbuch geschrieben.
Doch nicht jeder der zu schnell fährt, fährt auch gleich ein Verbotenes Kraftfahrzeugrennen.
Der Straftratbestand sollte nicht inflationär verwendet oder gar verramscht, doch dort wo er zutreffend ist, konsequent angewandt werden – inklusive Fahrerlaubnisentzug und Einziehung der Tatfahrzeuge.
Um einen Tuner von einem Poser und einen Poser von einem Raser zu unterscheiden reichen Kontrollen alleine nicht aus. Aktuelle Gerichtsverfahren zeigen auf, dass es vor allem immer auch um die Persönlichkeit des Fahrers geht.
Verkehrspolizeiliche Ermittlungen sind notwendig, die neben dem objekiven Befund einer Geschwindigkeitsmessung oder einer Unfallaufnahme auch konkret die subjektive Seite des Fahreres beleuchten.
Letzten Endes muss es aber immer auch einen Ausweg geben.
Wer sich ein schnelles Fahrzeug kauft, wird damit nicht immer langsam unterwegs sein können oder wollen.
Das Fahren auf der Rennstrecke ist insbesondere im PKW-Bereich kein billiger Spaß, es gibt allerdings günstige Alternativen, wie beispielsweise den Automobilslalom.
https://www.dmsb.de/de/automobilsport/slalom
Wer es gerne quer angehen möchte, findet auch Anbieter von Drift-Trainings im Netz und wer beweisen will, wie schnell er wirklich ist, findet auch Anbieter professioneller Rennstrecken-Events.
https://www.drift.de/
Es gibt keine Rechtfertigung zum Rasen auf der Straße.
Es gibt Alternativen.
Nicht zuletzt bietet auch das Bundesministerium für Verkehr über Tune it! Safe! sogenannte
https://www.track-safety-days.de/
bei denen regelmäßig auch die Polizei mit von der Partie ist.